Transformation braucht mehr als Gute Energie

Energetikboom in der Energiekrise. Von Aurachirurgie bis Quantenheilung wird monetarisiert, was feinstofflich klingt und energetisch wirkt. Fänd ich ja voi genial, wenn ich mich oafoch innerlich wieder zentrieren müsst, damit’s mit der Weltrettung leiwander voran geht.

Spiritual but not religious

Das hier ist kein Spiritualitäts-Bashing. Spiritualität spielt seit Jahrtausenden eine relevante Rolle in unserem Zusammenleben. Sie gibt uns Sinn, stärkt Gemeinschaft und hilft, Krisen zu überstehen. Damit ist sie Tool zur sozialen Kohärenz, nicht nur individueller Energieschub.

Ich habe mich dem Marketing für hohe Werte verschrieben. Und aus der Perspektive scheint es manchmal, als wäre der Purpose im Business vielmehr Selbstzweck. Dann wird Sinnsuche vermarktet und spirituelle Hilfestellung zur Ware: Energetisierte Karten und Steine, teure Rituale. Moderne Esoterik bedient vor allem Konsumfantasien und oberflächliche Sinnangebote – und leitet nochdazu nicht selten in Diskurse, in denen pseudowissenschaftliche Narrative oder problematische Ideologien Fuß fassen. Die Dunkle Materie des Kapitalismus.

Will sagen: Als Ressource eingesetzt, kann Spiritualität stabilisieren: Sie stärkt deine Urteilskraft, hilft dir, innere Klarheit zu bewahren und dich gegen Bullshit zu immunisieren – sodass du handlungsfähig bleibst, wenn’s draußen knallt. Im Idealfall nutzt du diese Kraft, um die Welt zu gestalten: die stofflichen Hebel, die Gesellschaft und Systeme bewegen. Denn echte Transformation braucht mehr als symbolische Energieübungen. Innovation entsteht durch Menschen, die Projekte starten, Systeme umbauen und an den Stellschrauben drehen.

Back to the Future

Die Gegenwart ist komplex, brüchig und chronisch gestresst. Und klar, auch ich bin nicht immun gegen die Sehnsucht nach Rückzug – denn wer mitten im Wandel arbeitet, spürt die Erschöpfung zuerst.

Tbh: Auch ich kenne diese Phasen, in denen es scheint, dass das mühsam aufgebaute Kartenhaus zusammenzustürzen droht. Bin knapp am Burnout vorbeigeschrammt und muss mich selbst immer wieder dran erinnern, dass Selbstfürsorge mehr ist als ein Trend. Kann schon alles viel sein. Und dann kuschelt es sich gut in der sicheren Höhle. Spiritualität als Flucht vor dem Alltag – lieber woanders sein, als „hier“, wo es sich oft schwer aushalten lässt.

Aber ich glaube nicht daran, dass es uns dient, die alten, „einfacheren Zeiten“ zu romantisieren oder sich in alternative (spirituelle und digitale) Wirklichkeiten zu flüchten. Ein gelegentlicher Blick nach Innen, um Halt zu finden und sich wieder auszurichten, macht imho voi Sinn. Und dann sollten wir ihn wieder nach Außen richten. Hinschauen und Gestalten, statt nur Aushalten.

Ich glaube an unsere Zukunft. Und wenn’s nach mir geht, kann sie schon gern nach Sci-Fi aussehen. Nicht nach der dystopischen Matrix-Realität. In meiner Zukunftsidee sind wir aktiv und konstruieren gemeinsam an einer Gegenwart, die uns allen gut tut. Ich denke an eine Welt, in der Hightech und Ökologie zusammenspielen, in der wir Ressourcen nicht verheizen, sondern zirkulieren lassen. Eine Welt, die näher an Solarpunk ist als an Dunkelfeldanalyse.

Das klingt nach Utopie, passiert aber längst. In Werkstätten, innovationshungrigen Betrieben und Communities.

3 Beispiele, die gegenwärtig Zukunft formen

Direkt von meinem Desktop: Weltverändernde Projekte, die auf mehreren Ebenen wirken.

A baut Lastenfahrräder aus alten Stahlrahmen.

Upcycling in Reinform. Jedes Rad ein Unikat, hergestellt aus Material, das sonst verrostet wäre. Ergebnis: Kreislaufwirtschaft zum Draufsteigen, regionale Wertschöpfung, Bewusstsein für Individualmobilität.

Hier geht’s zur Website: reloaded-cargobikes.at

D bringt Wurmkompost in Betriebe.

Biomüll ist ein Rohstoff. D hat das verstanden und bringt mit seinen Wurmkompostanlagen Kreislaufdenken in mittelgroße und große Unternehmen. Das ist kein nettes CSR-Feigenblatt, sondern echte Transformation im Betrieb.

Website in Arbeit.

K gründet eine Community-Werkstatt.

Menschen kommen zusammen, lernen Handwerk, arbeiten mit Holz und spüren, dass Selbstwirksamkeit nicht nur ein Buzzword ist.

Hier geht’s zur Website: hoizgspui.at

Zwischen Wohlbefinden und Weltveränderung

Es gibt Praktiken, die uns stärken, erden und in Balance bringen. Ob Körperarbeit, Farb- oder Aromabehandlung – all das hat seinen Platz, weil wir Menschen Ruhe, Körperbewusstsein und Selbstfürsorge brauchen. Ich tanke auch auf: bei einer wohltuenden Aromatouch-Massage (immer wieder Danke, Christine!) oder einer anderen körperlich-emotional-mentalen Auszeit. Andere Unternehmer*innen in meinem Umfeld meditieren oder besuchen regelmäßig Schweigeretreats. Diese Momente schenken Energie und fördern die Verbindung zu sich, aber sie ersetzen für mich nicht das Handeln.

Sie helfen mir, meine Klarheit zu bewahren und meine Energie dorthin zu lenken, wo Kommunikation Wandel unterstützt.

Ob kommerzialisiert oder nicht – wenn spirituelle Praktiken dogmatisiert werden, oder wir glauben, allein über diese Methoden gestalterisch wirksam zu sein, verschiebt sich Verantwortung ins Abstrakte. Reale Hebel bleiben ungenutzt und die Pflicht zur Partizipation wird an höhere Instanzen oder missverstandene Jedi-Energien abgegeben.

Die Rettung der Welt wird dann einfach ins Quantenfeld verschoben, statt ins Tun.

Reality Check

In meiner Arbeit spüre ich diesen Zwiespalt oft ganz direkt. Ich bekomme regelmäßig Anfragen von Menschen, die ihr energetisches Coaching oder Seelenbusiness sichtbarer machen wollen. Ich sehe darin echte Begeisterung und das aufrichtige Bedürfnis, Gutes zu tun. Und no doubt ist es wichtig, dass wir uns gegenseitig an die regelmäßige Innenschau erinnern.

Gleichzeitig merke ich, dass mein Weg woanders hinführt: zu Projekten, die an greifbaren Lösungen für gesellschaftliche oder ökologische Herausforderungen arbeiten. Wo ich mit meiner gestalterischen Kraft dabei helfe, Dinge in Bewegung zu bringen.

Ich bin überzeugt, Veränderung geschieht auf mehreren Ebenen. Erstmal in dir. Essential, quasi. Und dann gestaltend, greifbar, gemeinsam. Manifestation ist kein Eso-Schmarrn. Projekte, die wir anfassen können. Hebel, die Wirkung zeigen. Systeme, die wir umsteuern.

Das sind die Fäden, aus denen wir Zukunft weben.

Sanis Senf

Spiritualität kann uns Kraft geben, um Krisen auszuhalten. Aber sie ersetzt nicht die Arbeit an den Strukturen, die Krisen immer wieder hervorbringen.

Wenn wir Transformation ernst meinen, reicht es nicht, uns ins Feinstoffliche zurückzuziehen. Wir brauchen Projekte, die sichtbar, greifbar und wirksam sind.

Zwischen Vision und Umsetzung, zwischen Idee und Handwerk liegt die Zukunft, die wir wirklich brauchen: nicht erträumt, sondern gestaltet.

Kommunikation & Design sind Kräfte, die zwischen Projekt und Zielgruppe wirken.

Quellen / Inspiration für meinen Senf:

Hoaxilla Podcast auf Spektrum.de #230 – Antiintellektualismus https://www.spektrum.de/podcast/hoaxilla-antiintellektualismus/2286617

Seelenfänger Podcast auf BR2: https://www.br.de/mediathek/podcast/seelenfaenger/alle-staffeln/888

„Professor Schwurbelstein und die Aluhüte des Grauens – eine Abrechnung“, Paul Eduard Rück https://ried.litkatalog.eu/litterare/manDetail/22577?query=schwurbelstein

Chronisch Schmerzfrei Podcast #149 – Warum wir lieber auf echte Wissenschaft hören sollten mit Martin Moder https://mybodymind.podigee.io/149-warum-wir-lieber-auf-echte-wissenschaft-horen-sollten-mit-martin-moder

Spiritual but not religious – Track von Oliver Koletzki https://oliverkoletzki.bandcamp.com/track/spiritual-but-not-religious

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